Top 10Publikationendes Jahres 2015

Mit dieser Auswahl seiner zehn wichtigsten wissenschaftlichen Publikationen im Jahr 2015 möchte das Wuppertal Institut einen Einblick in den Stand seiner international wahrgenommenen Forschungsarbeit vor dem Hintergrund seines transdisziplinären Forschungsansatzes geben.

Modellierung und transdisziplinäre Methoden

Holtz, Georg; Alkemade, Floortje; Haan, Fjalar de; Köhler, Jonathan; Trutnevyte, Evelina; Luthe, Tobias; Halbe, Johannes; Papachristos, George; Chappin, Emile; Kwakkel, Jan; Ruutu, Sampsa
Prospects of modelling societal transitions: Position paper of an emerging community

In: Environmental Innovation and Societal Transitions 17 (2015), S. 41-58

Gesellschaftlicher Wandel vollzieht sich mit hoher Komplexität: mit unterschiedlichen Akteuren, Veränderungen in Institutionen, Werten und Technologien, über verschiedene Sektoren und Skalen hinweg. Die Autor(inn)en des Artikels "Prospects of modelling societal transition: Position paper of an emerging community" plädieren deshalb dafür, dass die Forschung zu gesellschaftlicher Transition von einer ausgeprägteren Reife und breiteren Aufnahme von Modellierungsansätzen profitieren würde. Sie zeigen, wie Modellierung das Verständnis für Transition steigert und die Stakeholder bei der Umsetzung unterstützt. Darüber hinaus werden zwei Modellierungsanwendungen präsentiert, um die Vorteile zu illustrieren, aber auch die Begrenzungen der Methode deutlich zu machen sowie weiteren Forschungsbedarf. Vom Wuppertal Institut gehören Georg Holtz und Emile Chappin zum Autorenteam.

Lukas, Melanie; Rohn; Holger; Lettenmeier, Michael; Liedtke; Christa & Wiesen, Klaus
The nutritional footprint - integrated methodology using environmental and health indicators to indicate potential for absolute reduction of natural resource use in the field of food and nutrition

In: Journal of Cleaner Production, DOI: 10.1016/j.jclepro.2015.02.070

Dass unsere Ernährungsweise die Umwelt belastet, ist inzwischen weitgehend bekannt: Der Joghurtbecher, dessen Bestandteile aus aller Welt anreisen; die Erdbeeren im Winter, die große Mengen Wasser in Trockengebieten verbrauchen oder der mit hohem Fleischkonsum verbundene Futtermitteleinsatz und Landverbrauch. Der Ernährungssektor gehört zu den großen Ressourcenverbrauchern und Klimakillern. In einem mehrjährigen Prozess hat ein wissenschaftliches Team des Wuppertal Instituts eine Methode entwickelt, den "ökologischen Fußabdruck" von Nahrung so zu berechnen, dass wesentliche gesundheitliche und umweltwirksame Faktoren integriert werden. Die Formel wurde beispielhaft auf ausgesuchte Mahlzeiten aus der klassischen Mittagsverpflegung angewandt. Als Indikatoren für Gesundheit werden verwendet: Energiegehalt, Salzgehalt, Anteil an Ballaststoffen und gesättigten Fetten. Die Umweltindikatoren sind: der "ökologische Rucksack" (Ressourcenverbrauch), der CO2-Fußabdruck, der Wasserfußabdruck und der Flächenverbrauch.


Energie- und Klimawende

Augenstein, Karoline
Analysing the potential for sustainable e-mobility - The case of Germany

In: Environmental Innovation and Societal Transitions 14 (2015), S. 101-115

Die momentane Dynamik in der Entwicklung und Förderung der Elektromobilität scheint Anlass zur Hoffnung auf eine umfassende Mobilitätswende zu geben. Allerdings zeigt ein Blick in die Geschichte auch, dass das Elektroauto schon einmal gescheitert ist. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich Karoline Augenstein in ihrem Artikel mit folgender Frage: Wie groß ist das Potenzial für die weitere Entwicklung der Elektromobilität in Form einer nachhaltigen Systeminnovation? Zur Beantwortung dieser Frage wird ein theoretischer Rahmen entwickelt, der das Zusammenspiel von transformativer Kapazität einer technologischen Innovation (löst das Elektrofahrzeug soziale Innovationen wie neue Geschäftsmodelle und Nutzungsmuster aus?) und Systemadaptivität (wie stabil ist das bestehende Mobilitätsregime?) betrachtet und eine explizite Nachhaltigkeitsperspektive in die Analyse integriert. Mit Hilfe dieses theoretischen Rahmens zeigt sie am Beispiel des deutschen Innovationssystems für Elektromobilität, dass das Elektrofahrzeug nur als Teil einer Systeminnovation erfolgreich und nachhaltig sein kann. Im Fall Deutschlands zeigt sich aber auch, dass ein solcher substantieller Wandel von etablierten Akteuren, die das Innovationssystem dominieren, eher verhindert wird.

Hermwille, Lukas; Obergassel, Wolfgang; Ott, Hermann E. & Beuermann, Christiane
UNFCCC before and after Paris - what's necessary for an effective climate regime?

In: Climate Policy, DOI: 10.1080/14693062.2015.1115231

Der Artikel analysiert die Erfolge und Grenzen des UNFCC bei der Bekämpfung des Klimawandels und entwickelt daraus zwei grundlegende Empfehlungen, um die Anstrengungen inner- und außerhalb der Klimarahmenkonvention zu verstärken: Klimaschutzziele, die das Problem multidimensionaler angehen anstatt sich auf Emissionen zu beschränken, könnten es Ländern ermöglichen, ihren Beitrag an die nationalen politischen Gegebenheiten anzupassen. Des Weiteren sollte das UNFCCC durch ein weiteres Abkommen ergänzt werden, quasi eine "Allianz der Ehrgeizigen", die Kooperationen der Klimaschutzpioniere begünstigen würde.

Kiyar, Dagmar & Wittneben, Bettina B. F.
Carbon as Investment Risk - The Influence of Fossil Fuel Divestment on Decision Making at Germany's Main Power Providers

In: Energies 8 (2015), S. 9620-9639

Jüngst erst haben Deutschlands Energieriesen weitreichende Entscheidungen getroffen, um ausgewählte fossile Kraftwerke aus ihrem Portfolio zu entfernen. Man könnte dies als direkte Antwort auf die erstarkende globale Fossil Fuel Divestment Kampagne interpretieren, die darauf zielt, Aktien, Anleihen oder Investmentfonds aufzugeben, die unökologisch oder unter ethischen Gesichtspunkten fragwürdig sind. Dagmar Kiyar (Wuppertal Institut) und Bettina B. F. Wittneben (University of Oxford) haben in ihrem Paper untersucht, ob die Divestment-Bewegung derzeit einen signifikanten Einfluss auf strategische Entscheidungen der vier größten deutschen Energieversorger (E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW) nimmt - und kommen zu dem Ergebnis, dass dies - zumindest noch - nicht der Fall ist. Stattdessen zeigen sie vier alternative Auslöser auf, die einen unmittelbareren Einfluss auf die strategischen Entscheidungen der Firmen in Deutschlands Energiesektor haben. Deutlichere klimapolitische Entscheidungen, wie der Abbau globaler Subventionen für fossile Brennstoffe und ein wachsendes Bewusstsein seitens der Bevölkerung, können mit der Zeit dazu führen, dass der Klimaschutz innerhalb des strategischen Managements bei Deutschlands Energieriesen an Bedeutung gewinnt.

Lechtenböhmer, Stefan; Schneider, Clemens; Roche, María Yetano & Höller, Samuel
Re-Industrialisation and Low-Carbon Economy - Can They Go Together? Results from Stakeholder-Based Scenarios for Energy-Intensive Industries in the German State of North Rhine Westphalia

In: Energies 8 (2015), S. 11404-11429

Nordrhein-Westfalen ist das erste Bundesland, das sein eigenes Klimaschutzgesetz entwickelt hat. Das Wuppertal Institut hat den damit verbundenen Klimaschutzplan wissenschaftlich begleitet. Das Paper "Re-Industrialisation and Low-Carbon Economy - Can They Go Together? Results from Stakeholder-Based Scenarios for Energy-Intensive Industries in the German State of North Rhine Westphalia" beschreibt Langfristklimaschutzszenarien für NRWs wichtigste energieintensiven Industriesubsektoren, die zur Umsetzung des Klimaschutzgesetzes beitragen. Zudem wurde der Prozess der Szenarienentwicklung mithilfe der Stakeholder beschrieben, wobei drei verschiedene Pfade berücksichtigt wurden: bestmögliche Technologien, Break-Through-Technologien und CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS). Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass eine Politik der "Re-Industrialisierung" in NRW in seinen gegenwärtigen Strukturen eine enorme Herausforderung für die Erreichung der deutschen Energie- und Klimaziele darstellen würde. Vielmehr sei auf eine dekarbonisierte Energieversorgung und den Durchbruch neuer Technologien in der Industrie zu setzen um Wachstum und Klimaschutz zu vereinbaren. Technologie allein könne jedoch eine gesteigerte Nachfrage und Konsum materieller Güter nicht auffangen.

Sterk, Wolfgang; Bolscher, Hans; Van der Laan, Jeroen; Hoogzaad, Jos Sijm
Developing a sectoral new market mechanism: insights from theoretical analysis and country showcases

In: Climate Policy 15 (2015), S. 417-437

Die Unterzeichner der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) haben beschlossen, einen neuen marktbasierten Mechanismus (NMM) zu etablieren, um Klimaschutz in weiten Teilen der Volkswirtschaften von Entwicklungsländern zu fördern. Bis jetzt sind aber nur einige funktionale Grundzüge definiert worden. Im Artikel "Developing a sectoral new market mechanism: insights from theoretical analysis and country showcases" zeigen Wolfgang Sterk, Hans Bolscher, Jeroen van der Laan, Jelmer Hoogzaad und Jos Sijm die wichtigsten Gestaltungsmöglichkeiten des NMM basierend auf einer Literaturübersicht auf und überprüfen diese anhand einer Reihe von Bewertungskriterien. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass der Mangel an Daten und Institutionen, welche die NNM in den Entwicklungsländern managen können, die Hauptengpässe darstellen.

Viebahn, Peter; Soukup, Ole; Samadi, Sascha; Teubler, Jens; Wiesen, Klaus; Ritthoff, Michael
Assessing the need for critical minerals to shift the German energy system towards a high proportion of renewables

In: Renewable and Sustainable Energy Reviews 49 (2015), S. 655-671

In dem Beitrag "Assessing the need for critical minerals to shift the German energy system towards a high proportion of renewables" wird dargestellt, welche möglichen Restriktionen durch die mangelnde Verfügbarkeit von Rohstoffen bei einem langfristigen Systemwechsel der Energieversorgung aus Erneuerbaren entstehen können. Der Artikel fasst Ergebnisse des Projekts "KRESSE - Kritische mineralische Ressourcen und Stoffströme bei der Transformation des deutschen Energieversorgungssystems" zusammen.


Ressourcenwende

Bringezu, Stefan
On the mechanism and effects of innovation: Search for safety and independence of resource constraints expands the safe operating range

In: Ecological Economics 116 (2015), S. 387-400

In einem Paper in dem Journal "Ecological Economics" führt Stefan Bringezu in das neue Konzept des "Safe Operating Range" ein und setzt es in Relation zum "Safe Operating Space". Als Nutzergruppe bzw. Einheit menschlicher Evolution und Selektion werden Mensch-Technologie-Institutionen (MTI) Systeme betrachtet. Innovationen sind dann erfolgreich, so seine These, wenn sie den mehrdimensionalen Safe Operating Range erweitern. Ein "Mechanismus" wird beschrieben, der in Richtung Suche nach mehr Sicherheit und Unabhängigkeit von begrenzenden Faktoren führt und der unter anderem ursächlich für die weltweit zu beobachtende Abkoppelung von Ressourcenverbrauch und ökonomischer Wertschöpfung ist. Das Konzept sieht einen Lernprozess vor, in dessen Verlauf komplexere MTI Systeme durch Kooperation entstehen. Diskutiert wird dies im Kontext der Diskussionen über ein globales Regime nachhaltiger Ressourcennutzung. Empirische Analysen belegen, dass Länder mit erhöhter Materialproduktivität höhere Innovationskapazitäten haben.

Buhl, Johannes; Acosta, José
Work less, do less? Working time reductions and rebound effects

In: Sustainability Science; DOI: 10.1007/s11625-015-0322-8

Eine Reduzierung der Arbeitszeit wird oft als effektive Strategie gesehen, nicht nur die Ressourcennutzung des privaten Konsums zu reduzieren, sondern auch gleichzeitig zum sozialen Ausgleich und zur individuellen Lebenszufriedenheit beizutragen - also eine sogenannte dreifache Dividende. Mit Bezug auf die ökologische Dividende analysieren Johannes Buhl und José Acosta vom Wuppertal Institut Einsparungen in der Ressourcennutzung unter Berücksichtigung potenzieller Zeit-Rebound-Effekte. Sie untersuchen, wie eine Arbeitszeitreduktion bzw. ein Gewinn an Freizeit zu einer Re-Allokation von Zeitbudgets und Konsumausgaben führt und somit letztendlich den Ressourcenverbrauch in Privathaushalten in Deutschland beeinflusst. Die Ergebnisse zeigen, dass die Freizeitgewinne zu relevanten Zeit-Rebound-Effekten führen, aber potenzielle Einsparungen in der Ressourcennutzung nicht voll kompensieren. Die Studie wird durch die Überprüfung der zweiten und dritten Dividende komplementiert. Die Ergebnisse zeigen hier, dass eine Arbeitszeitreduktion zu einer Erhöhung des freiwilligen sozialen Engagements führt, aber eine höhere individuelle Lebenszufriedenheit sich nicht allein aufgrund einer Arbeitszeitreduktion einstellt.


Weitere Top Ten

Die jährliche Auswahl der wichtigen wissenschaftlichen Publikationen ist hier für die folgenden Jahre verfügbar:

Cookie-Einstellungen

Cookies helfen uns, die Website für Sie ständig zu verbessern. Mit dem Klick auf den Button "Zustimmen" erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden. Für weitere Informationen über die Nutzung von Cookies oder für die Änderung Ihrer Einstellungen klicken Sie bitte auf Mehr über die Verwendung und Ablehnung von Cookies.